Michael Ballack wirkte entspannt. Er scherzte und lachte, als wäre das Ende seiner Karriere schon vor vielen Jahren gewesen. „Manchmal war das Verhältnis zu den Sportjournalisten angespannt“, sagte er bei der Verleihung des Goldenen Bandes. „Ich habe sensibel reagiert, aber nun mit ein wenig Abstand schätze ich diese Auszeichnung umso mehr.“ Jochen Sprentzel, Moderator des Abends und langjähriger Sportchef des SFB und des RBB, fragte nach, ob die Karriere Ballacks ohne einen internationalen Titel unvollendet geblieben ist? „Nach den Niederlagen war es emotional und brutal“, sagte der 37-Jährige. „Aber im Nachhinein überwiegt die Zufriedenheit. Ich habe mit meinen Mannschaften tolle Erlebnisse gehabt, die ich nicht missen möchte.“ Harald Stenger, ehemaliger Pressechef des DFB, bescheinigte ihm in seiner Laudatio einen „Mut zur Meinung“.
Der Verband der Sportjournalisten Berlin-Brandenburg stand vor einer Herausforderung. Tausende Zuschauer waren in den sechziger und siebziger Jahren in die Deutschlandhalle gekommen, um die 1927 begründete und damit älteste Sportlerauszeichnung zu erleben. Für den VDS BB wurde es schwerer, eine ansprechende und günstige Verleihung zu organisieren, zuletzt wurde das Goldene Band bei Sportlerbällen übergeben – als ein Programmpunkt von vielen. Nun stellte der Verband eine eigene Veranstaltung auf die Beine, allen voran Ehrenmitglied Jürgen Holz, Schatzmeister Lutz Grotehusmann und der erste Vorsitzende Hanns Ostermann. Es wurde am 22. März keine Gala der Glorifizierung, sondern ein nachdenklicher Abend mit Zeit für Nachfragen. Im Mittelpunkt: die Preisträger Michael Ballack und Ronny Ziesmer. Zwei Sportler, die man zu kennen glaubte, nach hunderten Berichten und Bilderstrecken – und die nun im Hotel Steglitz International doch noch Neues preisgaben. Auch dank der Überraschungsgäste: Jürgen Häuberer, von 1983 bis 1990 Nachwuchstrainer des damaligen FC Karl-Marx-Stadt, betreute Ballack in der „Knabenmannschaft“. Häuberer sagte: „Kein Trainer hätte das Talent von Michael versauen können.“ Er sagte auch, dass er mitunter die emotional aufgeladenen Eltern Ballacks beruhigen musste: „Einmal musste ich sie vom Spielfeldrand auf die Tribüne schicken.“ Auch im Fall von Ronny Ziesmer wurden nicht Etappen und Medaillen aufgezählt. Es ging um seine differenzierte Haltung zum Sport. Ziesmer, der seit einem Turnunfall 2004 querschnittsgelähmt ist, nutzt seine Popularität für sozialpolitische Initiativen. Als Co-Kommentator analysierte er für das ZDF olympische Turnwettbewerbe in Peking und London. 2016 in Rio möchte er an den Paralympics teilnehmen, im Sprint der Rennrollstuhlfahrer. Der Experte für Rückenmarksverletzungen Andreas Niedeggen, der Ziesmer 2004 operiert hatte, bezeichnete das Engagement als vorbildlich für andere Querschnittsgelähmte.
Um die Kraft des Sports ging es auch in den Bühnengesprächen mit Trägern des Goldenen Bandes aus früheren Jahren. Die Hockey-Olympiasiegerin Natascha Keller sprach über die sportliche Tradition in ihrer Familie. Der Olympiasieger im Gehen Hartwig Gauder stellte einen besonderen Verein vor: „Sportler für Organspende“. Gauder hat mit einem transplantierten Herzen Marathons bestritten und Berge bestiegen. Es ist wohl nicht die schlechteste Botschaft, die eine Sportauszeichnung vermitteln kann.
Text: Ronny Blaschke, Fotos: Regina Hoffmann-Schon, Peter Herrmann