Goldenes Band 2012: Heiner Brand

Hanns Ostermann (VdS BB-Vorsitzender), Heiner Brand und Laudator Bob Hanning (Foto: Regina Hoffmann-Schon)
Hanns Ostermann (VdS BB-Vorsitzender), Heiner Brand und Laudator Bob Hanning (Foto: Regina Hoffmann-Schon)

Das Goldene Band ist die älteste Sportauszeichnung Deutschlands und wird seit 1927 an herausragende Persönlichkeiten des Sports vergeben. 2012 ging diese Auszeichnung an Heiner Brand. Brand gehört zu den größten Persönlichkeiten des deutschen Handballs, war sowohl als Spieler (1978) als auch als Trainer (2007) Weltmeister.

Aus der Laudatio von Bob Hanning, Manager der Füchse Berlin und unter Brand Co-Trainer der deutschen Nationalmannschaft. "Erst einmal möchte ich der Jury zu ihrer Wahl gratulieren und mich bedanken, dass ich nun, obwohl ich an der Entscheidung völlig unbeteiligt war, diese Wahl heute begründen darf. Lassen sie mich eingangs feststellen: Die Jury hat eine richtig gute Wahl getroffen, Heiner Brand mit dem „Goldenen Band der Sportpresse“ zu ehren. Und es entsteht der Eindruck, dass man erst aus seinem Amt ausscheiden muss, um hinreichend gewürdigt zu werden.

 

Die deutsche Sportgeschichte kann auf viele klangvolle Namen blicken, wenn man sich die Preisträger in der 85-jährigen Geschichte des „Goldenen Bandes“ anschaut. Bislang fehlte dort mit dem Handball allerdings eine Sportart, die eigentlich eine Urberliner Geschichte hat. Mit Heiner Brand wird nun der wahrscheinlich bekannteste deutsche Vertreter dieser Sportart geehrt.

Heiner Brand ist ein festes Markenzeichen im deutschen und internationalen Handballsport. Wir erinnern uns an die Weltmeisterschaft 2007 im eigenen Land. Heiner führte die Mannschaft über Höhen und Tiefen zum Weltmeistertitel und verzauberte Deutschland in ein Wintermärchen. Die mit 20 00 Zuschauern gefüllte Kölnarena war am Finaltag nicht nur ein schwarz-rot-goldenes Fahnenmeer - es hatte sich auch ein weiterer Fanartikel etabliert. Der „Heiner Brand-Bart“ war omnipräsent – und das nicht nur beim Namensgeber. Fans, Zuschauer und am Ende sogar die deutsche Mannschaft selbst bei der Siegerehrung hatten sich einen echten „Heiner“ aufgeklebt.

 

Zehn Jahre davor hatte er das Amt des Bundestrainers übernommen. Wir kannten uns damals schon, hatten aber noch nicht zusammen gearbeitet. Auf dem Geburtstag eines gemeinsamen Freundes fragte mich Heiner, ob ich Co-Trainer der Nationalmannschaft werden möchte. Diese Frage hatte mich so überrascht, dass ich statt im Hotel zu übernachten von Gummersbach über Venlo zurück nach Essen gefahren bin. Der Umweg musste sein, um mich erst einmal zu beruhigen.

Eine Entscheidung, die mich heute noch zum Schmunzeln bringt. Heiner wollte mich als jungen Trainer mit ins Boot holen. Er hatte die Sorge, alleine zu konservativ zu agieren. Ein frischer Wind schadet ja nicht, hatte er sich gedacht. Schnell stellten wir fest, dass ich zum damaligen Zeitpunkt fast noch konservativer war als er.

 

Unvergessen ist mir dabei eine Geschichte bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney. Heiner und ich schlenderten noch ein wenig durchs Sportlerhaus und landeten unter anderem vor dem Zimmer von Stefan Kretzschmar. Wir waren kurz davor, in sein Zimmer zu schauen. Heiner stoppte und meinte, wenn wir dort jetzt reingehen und es ist niemand da, dann müssten wir Konsequenzen ziehen. Er beschloss, weiterzugehen. Ich bin mir sicher, es war die richtige Entscheidung. In dieser gemeinsamen Zeit habe ich sehr viel von ihm gelernt. Zunächst als junger, übereifriger Trainer wollte ich ihm meine Kompetenz beweisen. Da waren die gemeinsamen Spielanalysen. Als ich ihm beim Videostudium erklärte, welchen Fehler Christian Schwarzer gerade gemacht habe, schaute er mich an und meinte: Den eigentlichen Fehler hätte „Pitti“ Petersen kurz vorher gemacht. Ich spulte zurück, schaute mir die ganze Szene noch einmal an. Das Ergebnis wird sich jeder denken können. Lassen Sie es mich anders sagen: Der Vorgang wiederholte sich dreimal, und immer hatte Heiner Recht. Danach hielt ich die Klappe.

 

Es war aber nicht nur die Fachkompetenz, die mich so an Heiner Brand beeindruckte und von der ich so viel lernen konnte. Es war vielmehr die menschliche Kompetenz, seine Art zu Führen und zu Lenken. Er entwickelte Persönlichkeiten und übertrug Verantwortung. Abseits der taktischen Vorgaben schaffte er es, dass sich die Mannschaft selbst führte. Mit dem Titel des Europameisters 2004 und mit dem Weltmeistertitel 2007 in Deutschland erntete er dafür den verdienten Lohn. Mitentscheidend dabei ist seine unglaubliche Ruhe, die er immer ausstrahlt. Nur wenige Menschen können aus seiner Mimik ablesen, wie seine Stimmungslage gerade ist. Ob es in ihm brodelt oder ob er gerade einen Triumph feiert – er strahlt immer Ruhe und Gelassenheit aus, womit er seinem Umfeld und seinem Team die notwendige Sicherheit und Kraft gibt.

 

Er erfüllt aber auch das Klischee des Oberbergischen und kann ein Sturkopf sein. Mit einer Beharrlichkeit vertritt er seinen Standpunkt und scheint keinen Millimeter von seiner Position abzurücken. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Wer Heiner Brand kompetent und mit guten Argumenten gegenübertritt, dessen Meinung wird er in seinen Standpunkt mit einfließen lassen.

Fünf Jahre sind seit dem Weltmeistertitel vergangen – dem größten deutschen Handballerfolg. Danach durchlief Heiner Brand einen Marathon der Ehrungen. Jetzt liegt die Europameisterschaft in Serbien fünf Wochen zurück, bei der das Nationalteam die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2012 verpasste. Eine schwierige Situation und auch ein Tiefpunkt für den deutschen Handball.

Gerade deshalb könnte der Termin für die Verleihung des „Goldenen Bandes“ nicht passender sein. Denn die Jury hat sich nicht durch einen vorübergehenden Tiefpunkt beeinflussen lassen, und wir Handballer werden das auch nicht tun. Mit Heiner Brand wurde ein Repräsentant für das „Goldene Band“ ausgewählt, der wie kein anderer für die Entwicklung des deutschen Handballs und seine Popularität steht. Es ist für mich auch der passende Rahmen, um dir ganz persönlich zu danken, nicht nur für deine Arbeit im Handball, nicht nur für deine Erfolge, für die das „Goldene Band“ symbolisch steht. Nein, vor allem möchte ich dir ganz persönlich danken für unsere Freundschaft. Du hast mir viel gegeben, und ich habe viel von dir gelernt."