Goldenes Band 2015: Welcome United

Welcome United: Freude über die Verleihung des Goldenen Bands
Welcome United: Freude über die Verleihung des Goldenen Bands

„You are welcome": Dieser Satz wird einem als Tourist im Ausland gerne entgegnet, wenn man eine Auskunft braucht. Gemeint ist damit zumeist eine höfliche Floskel wie „Gern geschehen“, „keine Ursache“ oder im wörtlichen Sinne eben „Sie sind willkommen!“

 

Genau diese Bedeutung hatte sich der SV Babelsberg 03 bereits vor gut einem Jahr zu eigen gemacht und entgegen aller Bedenken und Hürden ein Multi-Kulti-Team namens "Welcome United" gegründet. Es besteht komplett aus Flüchtlingen und nimmt seit der Saison 2015/16 sogar am offiziellen DFB-Spielbetrieb teil. Noch bevor die große Fluchtwelle einsetzte, war längst der Gedanke geboren, gemeinsam mit Flüchtlingen Fußball zu spielen, sie nicht nur in den Sport, sondern über ihn in die Gemeinschaft zu integrieren. Inzwischen kämpfen die Spieler aus Syrien, Somalia, Nigeria und anderen verlassenen Heimatländern nicht mehr gegen Verfolgung, Not und Elend, sondern um Punkte in der Kreisliga Havelland und damit auch um ihren Platz in der neuen Gesellschaft. Für dieses beispielgebende Engagement erhielt das Babelsberger Projekt „Welcome United“ am 5. November bei einem Festakt im Bärensaal des Alten Stadthauses zu Berlin das „Goldene Band“ des Verbandes der Sportjournalisten Berlin-Brandenburg. Damit befinden sich die Kreisliga-Kicker mit ihren zumeist unbekannten und für deutsche Zungen teils unaussprechlichen Namen in einer Reihe mit Max Schmeling, Fritz Walter, Birgit Fischer oder Katarina Witt. Das „Goldene Band der Sportpresse“ wird seit 1927 verliehen und ist mithin die älteste und traditionsreichste Sportauszeichnung Deutschlands.

 

Erich Laaser, Norbert Skowronek, Thoralf Höntze, Natascha Keller und Hanns Ostermann (v.l.)
Erich Laaser, Norbert Skowronek, Thoralf Höntze, Natascha Keller und Hanns Ostermann (v.l.)

„Wir wollten dem etwas Patina angesetzten Image dieser Ehrung eine neue zeitgemäßere Ausrichtung geben, das Profil schärfen für gesellschaftliche Leistungen, die nicht in Rekorden, Medaillen, Zeiten und Weiten zu messen sind“, erklärt Hanns Ostermann, Vorsitzender des VDSBB. Jene vielen ehrenamtlichen Funktionäre und Helfer, die den Breitensport am Leben halten, sich für Inklusion, Toleranz, gegen Bürokratie und Rassismus stark machen, sind nunmehr in den Fokus der Auszeichnung gerückt. Eine siebenköpfige Jury, darunter Berlins Sport-Senator Frank Henkel und der Präsident des LSB Berlin, Klaus Böger, hatten es sich nicht leicht gemacht, unter den zur Auswahl stehenden Kandidaten eine gute Entscheidung zu treffen. Thoralf Höntze, Marketingbeauftragter beim SV Babelsberg und einer der Betreuer des geehrten Flüchtlingsteams, nahm mit bewegten Worten Brosche und Urkunde des VDS entgegen: „Welcome United“ gehört inzwischen fest zur Potsdamer Fußball-Familie. Beim öffentlichen Training sind auch alle Neuankömmlinge willkommen, denn wir wollen ihnen einfach menschlich Wärme entgegenbringen und ein Angebot machen.“ Für zusätzliche Freude sorgten 20 Ehrenkarten für das Bundesliga-Spiel Hertha BSC gegen 1899 Hoffenheim, die der Hauptstadt-Verein den Freizeit-Kickern von „Welcome United“ spendete.

 

In einer Talkrunde im Anschluss an die Ehrung wies Berlins LSB-Präsident Klaus Böger vor den rund 70 Anwesenden, unter ihnen VDS-Präsident Erich Laaser und Kaweh Niroomand, Manager der BR Volleys und Sprecher der Sportmetropole Berlin, aber auch auf die Kehrseite der “Medaille“ hin: „Der Sport hat sehr viel Verständnis für die jetzige Flüchtlingssituation gezeigt, hat geholfen und hilft, wo es nur geht. Aber seine integrative Kraft kann nur wirken, wenn man dem Sport seine Möglichkeiten lässt – also auch Spielfelder und Hallen“. Insofern ist die diesjährige Ehrung wohl auch ein Signal in diese Richtung.

 

Das neu geborene „Goldene Band“ hat seine Taufe gut bestanden. Kleine Stellschrauben wird die beauftragte Agentur „Wirkhaus“ gemeinsam mit dem VDSBB bis zum nächsten Jahr nachziehen.

Eine weitere Idee des VDSBB-Vorstandsmitglieds Ronny Blaschke ist die Ausschreibung eines geförderten Recherche-Stipendiums, das an einen jungen Journalisten/in vergeben werden soll und an eine längerfristige Bearbeitung eines sportpolitisch relevanten Themas gebunden ist.

Vielleicht kann diese Arbeit dann schon bei der nächsten Vergabe des „Goldenen Bandes“ in neuem Outfit präsentiert werden.

 

Text: Stefan Frase, Fotos: Regina Hoffmann-Schon