Zum 75. Geburtstag von Gottfried Weise
Von der Idee zur Gestaltung eines Magazins für Fußball, das geographisch weit über die DDR-Oberliga hinausging, bis zur Ausstrahlung der ersten Sendung "Fußball-Panorama" vergingen Jahre. Gottfried Weise musste Geduld haben, in der Warteschlange ausharren und Umwege gehen. Fähigkeiten und Tugenden, die sich durch seine ganze journalistische Laufbahn ziehen. Die Gestaltung der Wandzeitung in der Schule seines Geburtsortes Niederschöna (Sachsen), die er bis zur mittleren Reife besuchte, führte ihn auf journalistische Pfade. Und natürlich die Begeisterung für Fußball. Aber die Einladung fürs Volontariat beim Sächsischen Tageblatt - nach vergeblichen Bewerbungen bei anderen Zeitungen - bekam er allerdings für eine Reportage über den gemeinsamen Besuch mit seiner aus Rumänien stammenden Großmutter bei deren Familie in Bukarest.
"Junge, ein ordentlicher Beruf wäre nicht schlecht"
Lokales und Kultur sollte er dann für die Redaktion liefern, Fußball-Aufträge bekamen die anderen. Immerhin spielte er (Mittelfeld) beim SC Karl-Marx-Stadt, wo er das Abitur und die Lehre zum Betonfacharbeiter abschloss. Das war der letzte Umweg, den er auch seiner Mutter (der Vater hatte einen tödlichen Unfall, als Gottfried fünf war) zuliebe einlegte: "Junge, ein ordentlicher Beruf wäre nicht schlecht". Dann spielte er direkte Pässe: Fußball-Abteilung Deutsches Sportecho Berlin, Fernstudium der Journalistik, ab 1969 Sportredaktion des DFF (Deutscher Fernsehfunk) in Adlershof. Kommentator und Moderator hauptsächlich für Fußball: Oberliga, Europokal, Olympische Spiele, Weltmeisterschaften. Rund 1000 Einsätze am Mikro und vor der Kamera kamen allein bei Spielberichten zusammen. Viele Zuschauer mochten seinen tiefen Bariton, das enorme Hintergrundwissen und seinen Stil, bei aller Leidenschaft eine behutsame Distanz zu wahren, wie das später auch Marcel Reif praktizierte. Er hätte sich zurücklehnen können. Aber da war doch immer noch diese Idee, das Material von den internationalen Live-Übertragungen, aus der Oberliga, dem Eurovision-Nachrichtenaustausch und extra gedrehten Filmen oder Videos zu einem fast globalen Magazin zusammenzufassen.
Interviews mit Pele und Maradona
Weil Gottfried immer ein Journalist war, der politische Hintergründe und gesellschaftliche Zusammenhänge erkannte, ließ er mit seinem Konzept nicht locker. Einige Sportchefs im DDR-Fernsehen lehnten es ab: Politisch nicht opportun, technisch und finanziell zu aufwändig. Bis einer das Potenzial erkannte und das Startkommando gab. Gottfried Weise und seine ersten Mitstreiter (Uwe Grandel, Ulf-Dieter Hesse, Dirk Thiele, Joachim Schröter) gingen 1976 mit dem "Fußball Panorama" auf Sendung. Sie hatten sofort großen Erfolg, nicht nur beim DDR-Publikum, schriftliche Zustimmung kam auch von Zuschauern aus Hamburg, Kiel und Westberlin. Das Team um Weise erweiterte sich in den folgenden 15 Jahren und entwickelte das Panorama zu einem Fußball-Almanach, das zum besten gehört, was in diesem Metier im deutschen Fernsehen lief, wie auch Prominenz aus dem "Westen" wiederholt bestätigte. Ein bisschen stolz ist Gottfried auf diese Anerkennung, aber auch auf seine Interviews mit Pele und erst recht mit Maradona, der - entgegen allen Erwartungen und Ängsten - in seinem erfolgreichsten Jahr 1986 eine Verabredung in Neapel pünktlich einhielt. Nach 1990 kommentierte Gottfried für den Sportkanal in London ("da hat die Redaktion im Green Park gekickt"), für das DSF (heute Sport 1) in München, für Eurosport in Paris. Vor allem in dieser Zeit mit langen Abwesenheiten von zuhause war er seiner Ehefrau Rosemarie für ihre Unterstützung sehr dankbar.
2018 berichtete er für Zeitungen aus Moskau von seiner zwölfte WM (immer vier Jahre Abstand!), nur zwei Kollegen in Deutschland waren häufiger vor Ort.
Er hat im Solo ein erfolgreiches Buch ("Als Maradona 80 000 lockte") geschrieben, war an anderen beteiligt und schreibt jetzt noch Beiträge für Zeitungen. Seine Stimme, sein Hintergrundwissen und sein Stil würden auch der heutigen Fußballberichterstattung im Fernsehen noch gut tun. Herzliche Gratulation zum Jubiläum, lieber Gottfried, die besten Wünsche für Gesundheit, familiäres Glück und weiterhin Freude an Deiner Leidenschaft, dem Fußball!
Text: Ulrich Jansch