"Spielraum"-Stipendium für Arne Steinberg

Katar und PSG: Fußball als Soft Power

 

Als ich im Jahr 2012 längere Zeit in Frankreich gelebt hatte, beschäftigte ich mich natürlich auch mit dem Fußball in der Ligue 1. Zuvor war ich zwar einigermaßen darüber im Bilde gewesen, was im Nachbarland in Sachen Fußball passiert, wirklich eingestiegen bin ich aber erst während meines Auslandsstudiums. In Frankreich war es eine Zeit der Umwälzungen im Fußball: nachdem Olympique Lyonnais im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends regelmäßig Meister wurde, sortierte sich die Liga ab 2009 neu. Bordeaux, Marseille, Lille und Montpellier hießen die französischen Meister in diesen Jahren.

Arne Steinberg
Arne Steinberg

Ab Mai 2011 veränderte sich die französische Fußballlandschaft dann endgültig: der katarische Investmentfonds Qatar Sports Investments kaufte Anteile bei Paris Saint-Germain und investierte Hunderte Millionen Euro in den Kader. Zuvor war PSG sportlich fast in der Bedeutungslosigkeit verschwunden, für Aufsehen sorgten eher die Konflikte in der Fanszene.

 

Mit Ausnahme von 2012 und 2017 wurde PSG aber seither in jedem Jahr französischer Meister.

Mit dem Einstieg der Kataris ging auch einher, dass BeIn Sports einen Teil der Ligaspiele übertragen durfte – auch das wurde durch das Engagements des Emirats möglich, in dessen Besitz sich der Fernsehsender befindet. Man stelle sich vor, dass ein TV-Kanal, dem gleichzeitig der FC Bayern München gehört, über die Bundesliga berichten würde. Meine erste wirkliche Saison als Fußball-Interessierter in Frankreich sah also gleich zwei wesentliche Umwälzungen vor.

 

Deswegen begann ich damals schon, mich mit den Hintergründen der Zusammenarbeit zwischen dem Hauptstadtverein und dem Emirat auseinanderzusetzen. Für mich war es ungewöhnlich, dass ein Staat massiv Geld in einen Fußballverein steckte. Dieses Thema entwickelte sich in der Folge auch in Deutschland zu einer großen Debatte: Wem soll der Fußball gehören? Den Fans oder Unternehmen oder gar Staaten? Und wie politisch ist der Fußball eigentlich?

Katars Engagement bei PSG passt in die umfassende Sportförderung des durch Öl und Erdgas reich gewordenen Landes am Golf, das flächenmäßig gerade einmal so groß ist wie Hessen – aber dennoch als reichstes Land der Erde gilt.

 

Doch die Ressourcen sind endlich und Katar versucht, im Rahmen der Qatar National Vision bis 2030 seine Einnahmequellen zu diversifizieren. Der Herrscherclan der Al-Thanis versucht, das Land zu modernisieren und gegenüber ausländischen Investoren zu öffnen. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Sport, PSG ist ein wichtiger Hebel für die Außenwirkung. Der Fußball wird als Mittel zur Durchsetzung von Soft Power gebraucht.

Verblüffende Fragen

Die Recherche soll dabei helfen, die Zusammenhänge zwischen Katars Engagement bei PSG und der zugrunde liegenden Strategie aufzuzeigen. Das größte Projekt der katarischen Sportförderung ist die Ausrichtung der WM 2022, in deren Rahmen das durch eine monarchistische Diktatur geführte Land am häufigsten in den Medien auftaucht – sei es wegen Missachtung von Menschenrechten, schwelenden Korruptionsvorwürfen oder mangelndem Interesse am Sport.

 

Aktuell arbeite ich als freier Journalist unter anderem für CORRECTIV, die ARD und 11Freunde. Ich beschäftige mich dort mit den Hintergründen im Fußballgeschäft. Nebenbei war ich daran beteiligt, das Online-Magazin effzeh.com mit aufzubauen, das sich mit dem 1. FC Köln auseinandersetzt. Zu Beginn des Jahres 2019 habe ich mein Referendariat beendet und bin seitdem examinierter Gymnasiallehrer für die Fächer Englisch und Französisch – nach etwa drei Jahren im Schuldienst wollte ich aber herausfinden, wie es ist, sich in Vollzeit im Journalismus zu betätigen. Und eine große Aufgabe wird es sein, die Recherche zu Katars Engagement im Fußball weiter zu verfolgen.