Zum 80. Geburtstag von Eckhard Galley: Er sorgte oft für Verblüffung

 

So manche Templiner Bürger mögen sich gefragt haben: Warum dröhnt die Orgel aus der Kirche, es ist doch ein ganz normaler Dienstag-Vormittag? Die andächtig Lauschenden in der Sankt-Maria-Magdalena-Kirche waren gleichermaßen erstaunt über das Begrüßungskonzert. Denn der da auf der Empore das Manual bediente war einer von ihnen: Eckhard Galley. Der traute sich sogar ans Bach’sche Meisterwerk, die Toccata. So hatte die traditionelle Sommerfahrt der Sportjournalisten aus Berlin und Brandenburg in das uckermärkische Städtchen ihren ersten Hohepunkt.

Eckhard Galley (Foto: Michael Sauer)
Eckhard Galley (Foto: Michael Sauer)

Die wenigsten wussten um Eckhards Vorliebe für das Klavier. Er übte zum Beispiel zu Hause, um dann bei bestimmten Anlässen die Gesellschaft, sofern ein Klavier vorhanden, mit einem Ständchen zu überraschen. Sogar mit der Trompete hat er sich versucht. Aber er war ja kein Musiker, sondern Sportjournalist. Und auch als solcher immer für Überraschungen gut. Mit seiner nass-forschen direkten Art verblüffte er so manchen Gesprächspartner oder öffnete sich Türen, die eigentlich verschlossen waren. Fast legendär war seine Einlage bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul.

Schenks erster Gratulant

Auf der Suche nach einem vermissten Manuskript – die Volunteers entsorgten auf der Pressetribüne im Handumdrehen alles, was herumlag – gelangte er in die verbotene Zone mit dem streng bewachten Übergang zum Innenraum des Leichtathletikstadions. Wie selbstverständlich passierte er die Kontrolleure und war plötzlich dort, wo er gar nicht sein durfte. Vielleicht waren die Ordner abgelenkt vom finalen 1500-m-Lauf der Zehnkämpfer, als sich der Rostocker Christian Schenk die Goldmedaille sicherte. Eckhard war der allererste Gratulant bei dem DDR-Sportler. So fand er zwar das gesuchte Manuskript nicht wieder, hatte aber dafür das aktuellste Interview, das sich denken lässt.

Verblüffende Fragen

Ein anderes Mal hatte er sich in den Kopf gesetzt, den Handballer Stefan Kretzschmar zu  befragen. Aber der lag schwer verletzt im Krankenhaus. Für Eckhard keine Hürde. Er mogelte sich durch und saß schließlich auf der Bettkante. Kretzschmar war amüsiert, und beide hatten jede Menge Zeit für das Gespräch, das anderen verwehrt blieb. Dabei hatte er keine Scheu, Fragen zu formulieren, die einer gewissen Naivität nicht entbehrten, aber oft für Verblüffung sorgten. In einer von Sachkunde geprägten Interviewrunde mit der 3000-Meter-Hindernis-Europameisterin Felicitas Krause überrumpelte er sie mit der simplen Frage, ob sie denn schon mal in den Wassergraben gestürzt sei. Nein, war sie nicht, aber immerhin gab sie zu, eine gewissen Angst vor dieser Hürde zu haben  – und fügte an: „Obwohl ich ja schwimmen kann.“ Die Kollegen hatten ihren originellen Aufhänger, aber die Vorlage dazu kam von Eckhard.

 

Verblüffende Fragen

 

Vorlagen und Tore - das war sein eigentliches Metier in der Sportredaktion von „Neues Deutschland“. Er berichtete von Welt- und Europameisterschaften und von internationalen Cupspielen im Fußball, aber er tummelte sich vor allem bei den Punkt- und Pokalspielen von Rostock bis Jena vor allem aber beim BFC Dynamo. Und wenn nicht Fußball oder auch Handball, dann war der Radsport seine Passion. Vor allem die traditionelle internationale Friedensfahrt, die jährlich im Wechsel zwischen Warschau, Prag und Berlin stattfand und die er ein Dutzendmal als Berichterstatter und Vertreter der mitorganisierenden Zeitung „Neues Deutschland“ begleitete. So viel Reputation hatte er sich kaum erhofft, als er sich bei der Zeitung bewarb. Auch das war ungewöhnlich, wie vieles in seiner journalistischen Laufbahn. Nach dem Journalistikstudium in Leipzig war er Lokalredakteur in der Kreisredaktion Zossen der „Märkischen Volksstimme“. Sechs Jahre lang berichtete er über mäßig interessantes Tagesgeschehen aus der Kleinstadt mit noch weniger sportlichen Höhepunkten und sah kaum Chancen, sich zu verändern. Da verhalf ihm seine Unbekümmertheit zu einem gewagten Seitensprung: Er klingelte zu Hause beim Sportchef des „ND“, stellte sich vor und äußerte den Wunsch, in der Sportredaktion des „Zentralorgans“ zu arbeiten. Nach bestandener Probezeit wurde er sehr schnell geachteter und beliebter Mitarbeiter im Sportressort.

 

 

Nun begeht der Rangsdorfer am 1. August 2019 seinen 80. Geburtstag. Dem Fußball ist er noch immer eng verbunden, vor allem auch durch seinen Sohn Eik, der als TV-Sportreporter beim MDR und der ARD-Sportschau große Schritte in Vaters Spuren unternimmt. Herzlichen Glückwunsch, lieber Eckhard, zum 80. und ein Ständchen dazu – es muss ja nicht auf der Orgel sein!

 

 

 

Text: Wolfgang Richter