Jürgen Nöldner zum 80. Geburtstag: "Ich hab‘ nicht jedem gepasst"

Die Ostsee muss warten. Es sollte ins Stammhotel nach Dierhagen gehen, auf Fischland-Darß hatte Jürgen Nöldner schon seinen 70. Geburtstag gefeiert. Zum 80., den der frühere DDR-Nationalspieler und langjährige Sportjournalist aus Berlin-Lichtenberg am 22. Februar begeht, bleibt er wegen Corona notgedrungen zu Hause. "Ich mach’s wie die Queen", sagt "Kuppe" schmunzelnd, "ich feier‘ im Sommer." Dann geht es mit Ehefrau Heidi, der Schwägerin, dem Neffen und dessen Familie an die Küste.

Jürgen Nöldner (r.) im Gespräch mit Eduard Geyer
Jürgen Nöldner (r.) im Gespräch mit Eduard Geyer

Vorher, hofft Nöldner, kann er auch wieder zu seinem geliebten Montags-Stammtisch, der zuletzt ebenso ausfiel wie das Treffen der "Rot-Gelben Füchse", der früheren Aktiven des ASK Vorwärts Berlin, die alljährlich am ersten Freitag im Dezember feiern. Nöldner hat die goldene Epoche des Klubs geprägt. Fünf DDR-Meistertitel, ein FDGB-Pokalsieg, 88 Tore in 285 Oberligaspielen – viel begabtere linke Füße als diesen hatte die DDR in ihren 40 Jahren nicht. "Ich habe mit rechts mehr Tore gemacht, als alle glauben", sagt Nöldner lachend und führt dann immer das schnellste Tor der DDR-Länderspielgeschichte an, 1965 in Leipzig gegen Österreich in der WM-Qualifikation. Er spielte mit Köpfchen ("Ich bin nie einem Ball hinterhergelaufen, der nicht mehr zu erreichen war."), aber er traf nie mit Köpfchen, außer im Olympia-Halbfinale 1964 in Tokio gegen die CSSR. "Der Ball kam so tief", sagt er, "da musste ich nicht springen, sondern mich bücken."

Bronze sprang heraus, und ohne Klaus Urbanczyks schwere Verletzung im Halbfinale wäre die DDR ins Finale gekommen, davon ist Nöldner überzeugt.

 

30 A-Länderspiele und 16 Tore, 1966 DDR-Fußballer des Jahres: Er war als torgefährlicher Spielgestalter brillant, aber er konnte auch stur sein. "Ich hab‘ nicht jedem gepasst", sagt er, "es hätten mehr Länderspiele sein können." Als Vorwärts 1971 nach Frankfurt/Oder umquartiert wurde, hörte Nöldner wegen der nervigen Pendelei recht zügig auf – zu früh, wie viele fanden. Eine Trainer-Laufbahn kam nie in Betracht ("Da hätte ich an der DHfK Leipzig schwimmen, turnen und im Winter skispringen müssen."), Nöldner wurde Sport-Journalist, die zweite Berufung seines Lebens: 1973 der Einstieg beim "Deutschen Sportecho", Mitte der 80er Jahre wurde er Chefredakteur der DDR-Fachzeitschrift fuwo, "Die Neue Fußballwoche". 1990 ging er zum kicker, dessen Berliner Büro Nöldner von 1997 bis zum Ausscheiden 2006 leitete. "Der Wechsel zur fuwo und später zum kicker, das waren zwei Glücksfälle für mich", sagt Nöldner.

 

Er verfolgt den Fußball von zu Hause immer noch sehr interessiert, die Bundesliga-Samstags-Konferenz bei Sky ist ein Pflichttermin. Der Rücken zwickt, die Schulter – auch als Folge eines Sturzes Ende 2014 – ebenfalls. "Besser", sagt Nöldner augenzwinkernd, "wird’s nicht mehr." Und doch ist es gut, wie es ist. Herzlichen Glückwunsch zum 80.!

 

Steffen Rohr