Seinen 81. Geburtstag im August dieses Jahres konnte Jürgen Holz noch im Kreis seiner Familie begehen. Rund drei Wochen (17.9.25) später erreichte uns die Nachricht von seinem Tod. Mit Jürgen Holz verliert der VdSBB einen seiner verdientesten Kollegen, seinen langjährigen 2. Vorsitzenden, der schon vor Jahren zum Ehrenmitglied gewählt worden war.
Jürgen war ein Zehnkämpfer der journalistischen Arbeit. Oder so etwas wie ein Herbert "Hacki" Wimmer des Fußballs. Jirka Grahl, Ressortleiter Sport des ND, schrieb vor sechs Jahren, zu seinem 75. Geburtstag: "Jürgen Holz ist mit ganzem Herzen Journalist. Seine Kollegen haben das stets in kurzer Zeit erkennen
können. Nach dem Volontariat steigt der ehrgeizige Jungreporter beim Sportecho schon bald zum stellvertretenden Abteilungsleiter auf. Schnell wird man auch bei “Neues Deutschland”, dem Flaggschiff der DDR-Zeitungen, auf den umtriebigen Sportschreiber aufmerksam: Kurz nachdem er 1973 ein Journalistik-Fernstudium an der Karl-Marx-Universität Leipzig begonnen hat, fängt er beim Zentralorgan an – der Ritterschlag für einen Sportjournalisten im sozialistischen Teil Deutschlands.
Während der Hobbyfußballer Holz abends für die Universität büffelt, macht er sich tagsüber einen Namen als Fachmann für Rudern und Ringen, später auch für Leichtathletik, Volleyball, Biathlon, Eishockey und Boxen. Der zweifache Familienvater fährt zu Europa- und Weltmeisterschaften rund um den Globus.
Die engen Grenzen, die die DDR ihren Bürgern setzt, kann er in den Interflug-Maschinen mit Leichtigkeit überwinden, Seit an Seit mit den "Diplomaten im Trainingsanzug". Ein Märchen wird wahr für einen Berliner Jungen aus einfachen Verhältnissen – die Mutter Verkäuferin, der Vater Tischler. 1978 schließt er sein Studium ab und reist als Diplom-Journalist 1980 erstmals zu den Olympischen Sommerspielen von Moskau 1980, während er die Spiele von Los Angeles 1984 wegen des Boykotts der Ostblockstaaten verpasst. Eine Enttäuschung, aufgewogen von drei weiteren Spielen, die er als ND-Berichterstatter begleiten wird: In Seoul erlebt der 1988 den Olympiasieg Henry Maskes, in Albertville 1992 Gunda Niemann Eisschnelllauf-Gold, während er bei den Sommerspielen von Athen 2004 die Medaillengewinne der Kanutin Birgit Fischer beschreiben darf, die er bereits bei ihrem ersten Olympiasieg 1980 begleitet hat. Mit der Rekordolympionikin aus Brandenburg ist er bis heute befreundet.
Seine Tatkraft und seine Einsatzbereitschaft weiß man auch anderswo zu schätzen. Seit Jahrzehnten wirkt Jürgen Holz als Presseverantwortlicher im Volleyballverband Berlin mit: eine Doppelfunktion, die man heutzutage vermutlich meiden würde, nicht nur wegen der journalistischen Interessenkollision, sondern vor allem, weil die vielen Artikel für die Verbandspostillen kaum etwas einbringen. Noch viel mehr hat der Verband der Sportjournalisten Berlin-Brandenburg dem
Ehrenamtler Jürgen Holz zu verdanken. Beim VdSBB fungierte er viele Jahre als Stellvertretender Vorsitzender an der Seite von Hanns Ostermann. Viele Feiern zur Verleihung des Goldenen Bandes der Berliner Sportjournalisten wären ohne sein Mitwirken undenkbar gewesen, ebenso die jährlichen Sommerfahrten für die älteren Kolleginnen und Kollegen, die Jürgen Holz gewissenhaft plant und
abwickelt. Als er 2009 bei "Neues Deutschland" in den offiziellen Ruhestand verabschiedet wird, preist ihn der Chefredakteur Jürgen Reents in einem Goodbye-Artikel mit den Worten: "Er war der Sport!" Wahre
Worte, wenngleich "Jürgi" vielen jungen Kollegen vor allem auch ein Vorbild gewesen ist: als wandelndes Sportkompendium (Was man im Kopf hat, muss man nicht nachschlagen!), als pedantischer Zahlenfuchs (Immer nachrechnen!), als gewissenhafter Verwalter eines riesigen Archives (unverzichtbar in den Zeiten des Analogjournalismus) und auch als unbeirrbarer Verfechter eines Sports, dem er neben aller Unterhaltung und aller Geschäftemacherei stets noch das
Romantische abzugewinnen versuchte: das Ideal des sauberen Athleten, der im fairen Wettstreit selbstlos nach Ruhm und Ehre strebt. Jürgen Holz glaubt unbeirrbar an die Wirkmacht der olympischen Ideale. Über den Sport lässt er nichts kommen, außer natürlich seine Familie: Zusammen mit seiner Frau Monika kümmert er sich vor allem um die Enkelkinder seiner Tochter Sandra mit
Matteo (10 Jahre) und den Zwillingen Noah und Levin (4 Jahre), die inzwischen aus Baden-Baden wieder in die Nähe ihrer alten Heimat zurückgekehrt und in Brandenburg heimisch geworden sind."
Als langjähriger stellvertretender Vorsitzender des VdSBB war Jürgen auch hier kreativ, zuverlässig und sehr genau. So wies er einmal darauf hin, wir brauchen so etwas wie eine "to do – Liste", um übernommene Aufgaben im Auge zu behalten und später abhaken zu können. Sein überzeugendes Wort hatte auch hier Gewicht, so dass die Ehrenmitgliedschaft am Ende einer spannenden Zeit eine logische Konsequenz war. Nur am Rande: Jürgen erhielt später auch die Ehrenmedaille des Senats "für besondere Verdienste um die Förderung des Sports". Wir verneigen uns vor einem überaus kompetenten und engagierten Kollegen. Und trauern mit seiner Familie.
Text: Jirka Grahl/Hanns Ostermann