Jour Fixe am 4. Oktober 2016: Sportjournalismus in Berlin

Herausforderungen für Sportjournalisten wachsen weiter

 

Die beiden Organisatoren der Veranstaltung im Gebäude des Tagesspiegel, Ronny Blaschke (Freier Journalist / Deutschlandradio) und Johannes Nedo (Tagesspiegel) hatten ein glückliches Händchen bei der Zusammensetzung des Podiums: Neben Katrin Günther, der Leiterin des rbb-Programmbereichs Service und Sport, saß die erste Stipendiatin des VdSBB, Alina Schwermer. Und neben dem Sportchef des Tagesspiegel, Friedhard Teuffel, ein Mann, der weiß, wie hart das Geschäft eines freien Journalisten und Fotografen ist: Matthias Koch berichtet u.a. über den 1. FC Union und Hertha BSC. „Ich will da sein, wo der Ball rollt“, erzählte er. Mehr als schwierig wird das, wenn Clubs „Maulkörbe“ verpassen und vor allem an Hofberichterstattung interessiert sind – oder zunächst ausschließlich die eigenen Medien bedienen. Anschaulich berichtete Koch, wie er als Unternehmer schreibend und fotografierend ökonomisch zu überleben versucht. Vor allem die Bedeutung und Honorierung der Bilder gingen zurück. Dabei sei ihre langfristige Aussagekraft unbestritten.

 

„Wer als Freier auf elektronische Medien setzt, muss breit aufgestellt sein“, meinte die Sportchefin des rbb, Katrin Günther. Mindestens zwei „Ausspielwege“ sollte er beherrschen, im Radio und Online-Bereich fit sein zum Beispiel. Trimedialität sei zwar wünschenswert, doch natürlich setze die Belastbarkeit Grenzen, die jeweilige Professionalität käme nicht selten zu kurz. Als Dienstleiter für andere Bereiche müssten in ihrem Haus Sportjournalisten aber nicht nur die technische Seite ihres Berufes im Auge haben. Die Geschichten sollten für andere Redaktionen und Sendungen interessant sein.

 

„Wir versuchen, mit besonderen Geschichten Reichweite zu erzielen“, berichtete der Sportchef des Tagesspiegel, Friedhard Teuffel. Seine 13-köpfige Redaktion nutze vier Bereiche, also neben der Zeitung den Online-Auftritt, Twitter und Facebook. Nach seiner Beobachtung sei heute trotzdem wieder eine zunehmende Spezialisierung gefragt. Recherche koste Zeit, die ermöglicht werden müsse. Nur ungern erinnerte er sich an seinen „schlimmsten Tag als Ressortleiter“, als er wegen der angespannten ökonomischen Lage des Verlages Freie nicht mehr einsetzen konnte und Dienstreisen streichen musste. „Journalistisch und menschlich war das ein Desaster“.

 

Wie schwierig es vor allem für den Nachwuchs ist, berichtete Alina Schwermer, die junge Leiterin des Sports bei der taz. Selbstbewusst und problemorientiert schilderte sie ihren Werdegang und ihr Ziele: Sie möchte die Breite des Sports und längst nicht nur den Fußball begleiten und mit Hilfe des VdSBB-Stipendiums der Frage nachgehen: Kann ein von Fans geführter Fußball-Club funktionieren? „Ist Basisdemokratie möglich in einem Geschäft, das sich zunehmend von solchen Ideen entfremdet?“

 

Von den Moderatoren Ronny Blaschke und Johannes Nedo wurden schließlich auch die Wünsche an den VDS thematisiert. Sicher sei der Verband in vielen Fällen ein zahnloser Tiger. „Aber wenn ihr Netzwerke nutzt“, so Friedhard Teuffel, „dann erhöht ihr euren Einfluss und die Chance, etwas für Kollegen zu erreichen.“ Und vor allem Jüngere wünschten sich Fortbildungsangebote, um sich in einem immer schwierigeren Umfeld weiter zu qualifizieren. Es war ein spannender Abend in Berlin, der mit Sicherheit nicht der letzte dieser Art sein wird.

 

Hanns Ostermann

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